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  • AutorenbildHilge Kohler

Online-Trainings: Alles wie früher und doch ganz anders

Aktualisiert: 7. Juli 2023


So lief mein erstes Online-Training nach einjähriger Pause: Eigentlich war alles wie früher. Und doch war es irgendwie komplett anders.

Ich fürchtete, ich hätte alles vergessen. Wo man sich stumm schaltet, wie die Kamera funktioniert, wie die Emojis im Chat eingefügt werden und was sonst noch alles wichtig sein mag bei Online-Trainings. Ein Jahr lang hatte ich nicht mehr unterrichtet, weder online noch vor Ort. Ich dachte, die Welt hätte sich in großen Schritten weiter bewegt. Wusste ich überhaupt noch, was bei Online-Trainings wichtig ist? Sicher war doch allein schon technisch vieles anders, mit neuen Lösungen, Methoden und Gewohnheiten. Würde ich auf den Zug wieder aufspringen können?


Die gute Nachricht vorweg: Es hat geklappt. Ich bin wieder aufgesprungen und die Fahrt hat richtig Spaß gemacht. Und ja, ich wusste noch, wie man sich stumm schaltet.



So habe ich das Online-Training gestaltet


Für die dreitägige Schreibwerkstatt habe ich kaum technische Ausstattung eingebunden. Alles, was ich benutzt habe, ist ein Jamboard. Das ist ein simples Whiteboard, das im Grunde wie eine Flip Chart funktioniert: Ich kann darauf schreiben und zeichnen, kann Post-Its kleben und Bilder, Fotos oder Grafiken einfügen. Ich kann mehrere Seite einfügen und von einer zur nächsten blättern. So können beispielsweise in Breakout-Räumen die einzelnen Gruppen jeweils an eigenen Seiten am Jamboard arbeiten und Ergebnisse festhalten. Wenn sie später im Plenum ihre Ergebnisse präsentieren, können sie ihre Seite am Bildschirm teilen.


Designen und personalisieren lässt sich ein Jamboard einigermaßen, aber nicht vergleichbar mit Conceptboard, Miro und Co. Das ist einerseits schade, denn ich mag die liebevoll personalisierten Whiteboards, auf denen es richtig Spaß macht, in die einzelnen Bereiche zu zoomen und zu springen. Aber andererseits mag ich am Jamboard, dass es äußerst einfach zu bedienen ist. Es bietet weniger technische Möglichkeiten - aber das, was es bietet, ist einfach und niederschwellig zu benutzen.


In meiner Schreibwerkstatt haben wir am Jamboard vor allem gemeinsame Brainstormings durchgeführt und Ergebnisse der Gruppenarbeiten festgehalten. Ich habe zudem ein Blitzlicht als Check-Out am Board vorbereitet, bei dem die Teilnehmenden sich in einer Matrix verorten konnten, wie sie das Lerntempo und das Miteinander in der Gruppe empfinden. Nach dem Seminar habe ich das Jamboard aufgeräumt und allen Teilnehmenden als pdf zur Verfügung gestellt - quasi als Online-Variante eines Fotoprotokolls.



Ansonsten haben wir mit dem Chat gearbeitet, um kurze Check-Ins durchzuführen oder eine Diskussion zu starten. Da es um ein Schreibtraining ging, haben die Teilnehmenden in Google Docs gearbeitet, die ich ihnen vorbereitet hatte. So konnten alle auf die Dokumente zugreifen, konnten gegenseitig ihre Texte redigieren, und vor allem konnte ich schnell und in Echtzeit Feedback auf die Texte geben. Meine Impulsvorträge habe ich mit klassischen Präsentationsfolien unterstützt. In der Hinterhand hatte ich noch ein Padlet, an dem die Teilnehmenden Audiofiles hätten erstellen können; da sich aber niemand als Podcaster oder Radiokommentatorin versuchen wollte, haben wir das Padlet nicht gebraucht.



Das nehme ich mit für meine nächsten Online-Trainings


Die Schreibwerkstatt hat mir gezeigt: Wir brauchen nicht viele Tools, technische Tricks und sonstiges. Die meisten Ziele lassen sich mit einfachen Methoden erreichen, die offline wie online funktionieren. Je einfacher die Technik, desto entspannter können wir im Seminar miteinander umgehen. Das empfinde ich als hilfreich in Seminaren, in denen ich vorab nicht weiß, wie online-affin die Teilnehmenden sind und wieviel Erfahrung sie mit Whiteboards und anderen Tools mitbringen. Im Zweifel werde ich meine Teilnehmenden lieber technisch unterfordern, als einige zu überfordern und schlimmstenfalls abzuhängen. Schließlich ist ein Online-Seminar nicht dazu da, um zu beweisen, wie souverän ich mit Technik jonglieren kann.


Wichtiger als Tools ist der persönliche Austausch. Auch das hat mir die Schreibwerkstatt wieder gezeigt. Wenn wir drei Tage miteinander verbringen, dann möchten wir uns nicht nur als "Teilnehmende" kennenlernen. Ich finde es immer eine gute Idee, etwas Persönliches über die Teilnehmenden zu erfahren und gemeinsam zu spielen, nicht nur fachlich zu diskutieren. Deshalb plane ich Zeit für Check-In und Check-Out ein und würde an diesen Zeiten auch nicht sparen wollen. Ich baue spielerische Tests, Umfragen und ähnliches in meine Impulsvorträge ein, damit wir immer wieder ins Tun kommen und niemand im Seminar zu lange doziert. An den Pausen wird sowieso nicht gespart.


Wie wichtig Pausen wichtig, konnte ich wieder feststellen. Am Ende des zweiten Tages meinte ein Teilnehmer, er hätte sich eine zusätzliche Pause am Nachmittag gewünscht. An dem Tag hatten wir die Nachmittags-Pause als gemeinsame Pause in Zoom verbracht, bei der alle miteinander plaudern, anstatt für sich allein zu bleiben. Das ist so Usus in unseren Schreibtrainings und kommt bei den Teilnehmenden auch gut an. Aber dadurch fehlte jemandem prompt die Zeit für sich allein. Das werde ich für die Zukunft im Hinterkopf behalten: Pausen auch wirklich als Bildschirm-Pausen zu denken, in denen wir uns vom Online-Geschehen weg bewegen.



Und wenn ich einen Wunsch hätte...


Die Kaffeepausen aus dem physischen Raum ins Virtuelle zu holen: Das würde ich mir wünschen. Mit ebenso vielen zufälligen Begegnungen. Ins Gespräch kommen, fast beiläufig. All das geht auch heute, im Mai 2023, online nicht so gut wie offline. Nach drei Seminartagen ist mir das wieder bewusst geworden, und ich merke, wie sehr ich es vermisse.


In diesem Wunsch liegt ja auch eine gute Nachricht. Es gibt noch immer genug zu tun, um die Welt der Online-Trainings weiter nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Also: Ärmel hochkrempeln, Mikro und Kamera anschalten und ran an die Arbeit!




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