42 Websites scannen, das Wichtigste herausfiltern, einen sauberen Bericht daraus verfassen. Und ich mache solange Kaffeepause. Nein, ich habe keine Wunder-Praktikantin eingestellt. Ich habe die KI angeschmissen.
Mit generativer KI recherchieren? Vor einem Jahr hätte ich noch kategorisch gesagt: “Macht das nicht!” Heute nutze ich einige Modelle regelmäßig, wenn ich Inhalte recherchiere. Zum Beispiel Gemini, das Large Language Model (LLM) von Google. Im kostenpflichtigen Abo sind mehrere Modelle verfügbar, darunter Gemini 1.5 Pro mit Deep Research.
In diesem Blogpost zeige ich, wie ich mit Gemini recherchiere. Ich zeige mein Vorgehen an drei realen Anwendungsfällen. Im ersten Fall wollte ich wissen, ob es fundierte Tipps für die Wissenschaftskommunikation auf Social Media gibt. Im zweiten Fall wollte ich den Stand der Dinge in Sachen KI und politischer Rhetorik herausfinden. Im dritten Fall wollte ich für eine Redeanalyse relevante Inhalte recherchieren.
So viel vorweg: Die Arbeit mit Deep Research hat in allen drei Fällen funktioniert. Das Ergebnis war für mich immer nützlich - aber auf unterschiedliche Arten und in unterschiedlichem Maße.
Wie funktioniert Gemini mit Deep Research?
Das Vorgehen ist einfach. Ich beschreibe es Schritt für Schritt und zeige dazu Screenshots der einzelnen Schritte.
Ich formuliere meine Frage. Gern übrigens mithilfe von KI - meine Frage zu KI und politischer Rhetorik habe ich vorab mit Gemini geklärt, um zu sehen, ob sie konkret genug ist und geeignet für Deep Research.
Das System schlägt mir einen Rechercheplan vor und fragt, ob ich Änderungswünsche an den Plan habe oder ob es die Recherche starten soll.
Wenn ich den Plan ändern möchte, klicke ich auf den Button und kann in einem Dialogfenster Instruktionen geben. Für die Redeanalyse wollte das System im letzten Schritt die Rede entwerfen. Da ich das nicht brauchte, habe ich den Schritt gelöscht.
Wenn ich die Recherche starte, macht sich das System an die Arbeit. Im ersten Schritt werden Quellen gesucht und aufgelistet. Dann werden die Quellen nacheinander gelesen und am Schluss wird die Analyse geschrieben. Ich kann dabei zuschauen, aber das ist nicht so spannend. Also wechsle ich das Browserfenster und lasse das System einige Minuten arbeiten.
Wenn die Recherche abgeschlossen ist, erscheint der Analysebericht im Browserfenster. Ich kann ihn zusätzlich als Doc öffnen und in Google Drive speichern. Nicht wichtig, aber praktisch: Wenn ich mein Handy greifbar habe, bekomme ich dort eine kurze Nachricht, sowie die Recherche am Laptop beendet ist.
Die Analyse ist klassisch aufgebaut, mit Quellenangaben und einer Literaturliste am Ende. Nicht alle Websites, die das System gelesen hat, werden in der Analyse verwendet. Aber alle sind im Chatverlauf aufgeführt.
Wenn ich Fragen zur Analyse habe, kann ich sie im Dialogfenster stellen. Ich kann zum Beispiel inhaltliche Fragen stellen oder eine weitere Analyse erbitten.
Die Arbeit mit Gemini und Deep Research finde ich einfach, klar und nutzerfreundlich. Mir gefällt, dass ich den Rechercheplan bearbeiten kann, bevor das System mit der Arbeit beginnt. Sehr praktisch finde ich, dass ich den Bericht als Doc direkt in Google Drive hinzufügen kann. So kann ich weiter damit arbeiten, kopieren, kommentieren und mit anderen Inhalten zusammenführen, wenn nötig.
Wie bewerte ich das Ergebnis der KI Recherche?
Nun zur eigentlichen Frage: Wie nützlich ist das Ganze? Hilft Gemini mit Deep Research bei der Recherche?
Ich finde: Ja – in bestimmten Fällen.
Beispiel Social Media:
Ich habe Gemini nach Social-Media-Tipps für die Wissenschaftskommunikation gefragt. Für die Antwort hat das System fleißig Websites gescannt. Darunter waren viele kommerzielle Blogs. Das überrascht beim Thema Social Media Tipps nicht, ist aber für die Wissenschaftskommunikation nicht ideal. Allerdings waren auch andere Quellen darunter, die umso besser geeignet waren. Unterm Strich fand ich die Recherche erfolgreich. Aber vielleicht hätte ich das Ergebnis auch mit etwas Fleiß und einer Google Suche erzielt.
Beispiel Politische Rhetorik:
Meine Frage: "Wie können Sprachmodelle in der Ausbildung von Jugendlichen im Fach Politische Rhetorik genutzt werden?" Das Ergebnis: 42 Websites, von denen 15 in der Analyse verwendet wurden. Inhaltlich erfuhr ich einiges über die Funktionsweise von Sprachmodellen im Allgemeinen, über politische Rhetorik im Allgemeinen und über den Einsatz generativer KI in der Bildung. Aber eine Antwort auf meine Frage blieb aus. Der Blick auf die Websites zeigte auch, warum: Es gab schlicht keine Quelle, die meine Frage beantwortet hätte. Ich machte den Gegentest und startete eine Google-Recherche. Tatsächlich kam auch dort wenig Brauchbares zum Thema.
Beispiel Redeanalyse:
Ich wollte wissen: Welche Inhalte sollte der CEO von Siemens auf der Hauptversammlung ansprechen? Welche Erwartungen haben die Zielgruppen, mit welchen Fragen könnten sie kommen? Für diese Frage müsste ich viele Zeitungsberichte und Aktionärsportale scannen. Diese Arbeit hat mir Gemini zuverlässig abgenommen. Ich habe eine Liste möglicher Themen bekommen, geclustert nach Themenbereichen, z.B. Nachhaltigkeit oder internationale Lieferketten. Im Dialog mit dem System habe ich geklärt, welche Themen spezifisch für Siemens wären und warum. Gerade dabei war es hilfreich, die Quellen direkt im Analysetext verlinkt zu haben.
Kann ich die Recherche mit Gemini und Deep Research empfehlen?
In allen Fällen hat mir die Recherche mit Deep Research geholfen. Am hilfreichsten fand ich die überblicksartige Recherche im dritten Beispiel.
Insgesamt ist die Arbeit mit Deep Research für mich vor allem ein Zeitgewinn. Vielleicht hilft sie mir auch, gründlich vorzugehen, denn ich glaube nicht, dass ich persönlich 42 Quellen durchsuchen würde. Wahrscheinlich würde ich nach 10 oder 15 Quellen aufhören und möglicherweise den ultimativen Treffer verpassen.
Es gibt allerdings einige Einschränkungen. Bevor ich die Recherche mit Gemini und Deep Research starte, sollten mir die folgenden Punkte klar sein:
Erstens: Die Quellen
Gemini kann nur auf Quellen zugreifen, die nicht hinter einer Bezahlschranke versteckt sind. Wissenschaftliche Quellen müssen also Open Source veröffentlicht sein, und ich bin nicht sicher, wie gut dort die Suche funktioniert. Journalistische Artikel müssen kostenlos verfügbar sein, und das kann dazu führen, dass die Texte eher alt sind.
Zweitens: Die Recherchefrage
Ich bekomme nur das, wonach ich frage. Müll rein Müll raus, heißt: Je unklarer meine Frage, desto geringer die Chance, dass das Ergebnis ein Treffer wird. Manchmal recherchiere ich, ohne eine klare Frage im Kopf zu haben - manchmal kristallisiert sich die Frage erst während der Recherche heraus. In diesen Fällen würde eine Recherche mit Deep Research keinen Sinn ergeben.
Drittens: Das System kann mich unterstützen. Es nimmt mir aber die Recherche nicht ab. So gut die Analyse aussehen mag - sie kann Fehler haben, irrige Schlüsse ziehen oder falsche Schwerpunkte setzen. Wenn Deep Research fertig ist, muss ich übernehmen und gegebenenfalls auch andernorts weiter recherchieren.
Drittens: Die Sprache
Nicht so gut hat die Integration englischsprachiger Ergebnisse funktioniert. In meinen Beispielen hat Gemini englischsprachige Quellen erst auf Nachfrage berücksichtigt. Dann hat das System englische Quellen zwar aufgelistet, aber nicht sinnvoll in die Analyse eingebaut. Stattdessen ist der Chat ungefragt vom Deutschen ins Englische gesprungen ist. Offenbar funktioniert die mehrsprachige Recherche noch nicht wirklich. Ich hoffe, dass sich das in den kommenden Wochen bessert.
Mein Fazit zu Gemini mit Deep Research
Würde ich Gemini mit Deep Research wieder benutzen? Würde ich es Anderen empfehlen? Ja - wenn:
ich erwarten kann, dass genügend Quellen frei verfügbar sind
ich erwarten kann, dass über das Thema schon einiges publiziert worden ist
ich an einem ersten Überblick über das Thema interessiert bin
Dann kann ich das System gut als Einstieg benutzen, der mir Zeit erspart und mich auf Quellen bringt, die ich selber vielleicht nicht finden würde.
Wie sind eure Erfahrungen? Arbeitet ihr mit Gemini und Deep Research? Für welche Themen würdet ihr es verwenden?
Danke für den Artikel. Ich kann ähnliche Erfahrungen bestätigen. Ich habe jedoch eine Frage. Nach meinen Beobachtungen wertet Gemini mit Deep Research grundsätzlich nur Seiten mit .com oder .org bzw .net aud. Auf keinen Fall habe ich deutsche Seiten gefunden. Was ist die Ursache hierfür? Die Datenschutzanforderungen der EU oder bevorzugt Gemini aus anderen Gründe amerikanische Seiten.
Ich würde mich über Deine Erfahrungen freuen.
Beste Grüße
Frank